Achtung: Kurze Fristen bei einem Strafbefehl!
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Anwendungsfälle
Der Strafbefehl und das Strafbefehlsverfahren wird in der Praxis vor allem in Fällen der so genannten Massenkriminalität angewendet. Typische durch Strafbefehle geahndete Delikte sind Verkehrsdelikte wie Trunkenheit im Verkehr, Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Gefährdung des Straßenverkehrs oder Fahren ohne Fahrerlaubnis, weiter Diebstähle (insbesondere Ladendiebstähle), so genannte einfache Körperverletzungen gemäß § 223 StGB (also keine gefährlichen oder schweren Körperverletzungen), Sachbeschädigungen, Leistungserschleichung (so genanntes Schwarzfahren in öffentlichen Verkehrsmitteln), Beleidigung (§§ 185, 194 StGB), Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 StGB.
Das Strafbefehlsverfahren wird auch bei Steuerhinterziehung oft angewandt, wobei hier die Besonderheit besteht, dass statt der Staatsanwaltschaft auch die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts den Strafbefehl bei Gericht beantragen kann. Wird jedoch eine Hauptverhandlung durchgeführt, muss die Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung anwesend sein, die Bußgeld- und Strafsachenstelle kann jedoch an der Hauptverhandlung ebenfalls teilnehmen. Die Vollstreckung des Strafbefehls schließlich obliegt auch bei Steuerstraftaten ausschließlich der Staatsanwaltschaft.
Verfahren
1) Antrag auf Erlass eines Strafbefehls
Den Erlass eines Strafbefehls beantragt die Staatsanwaltschaft bei Gericht. Zuständig ist der Strafrichter des Amtsgerichts.
Nach dem Gesetzeswortlaut könnten Strafbefehle auch beim Schöffengericht beantragt werden. Da aber gemäß § 25, § 28 GVG das Schöffengericht erst dann zuständig ist, wenn es um die Ahndung von Verbrechen geht oder eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu erwarten ist, durch Strafbefehl eine derartige Strafe aber nicht festgesetzt werden darf, kommen Strafbefehle beim Schöffengericht nicht mehr vor. Die Erwähnung des Schöffengerichts ist rechtshistorisch zu begründen, da nach alter Rechtslage auch ein Strafbefehl beim Schöffengericht beantragt werden konnte und dieses auch zuständig dafür sein durfte.
Gemäß § 408 StPO hat der Richter folgende Möglichkeiten, wie er auf den Strafbefehlsantrag reagiert:
2) Zustellung
Eine Person, welcher ein Strafbefehl zugestellt worden ist, wird als Angeklagter bezeichnet. Die Zustellung des Strafbefehls steht somit der Eröffnung des Hauptverfahrens gleich (§ 433 Abs. 1 Satz 1 StPO), in welchem die Person mit dem Beschluss über die Eröffnung des Hauptverfahrens zum Angeklagten wird (§ 157 StPO. Abweichungen von diesem Grundsatz in § 409 und § 410 StPO). Die Zustellung des Strafbefehls kann auch an den bestellten Verteidiger § 145a StPO mit Wirkung für und gegen den Angeklagten erfolgen. Mit der Zustellung an den Verteidiger gilt die Zustellung als bewirkt mit der Folge, dass die Einspruchsfristen zu laufen beginnen.
3) Einspruch
Gegen einen erlassenen Strafbefehl kann der Angeklagte innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen (§ 410 StPO).
In der Folge wird dann regelmäßig eine mündliche Hauptverhandlung angesetzt. Insbesondere bei Einsprüchen, die eine Begründung enthalten, ist jedoch eine andere Verfahrenserledigung möglich: Es kann eine Klagerücknahme seitens der Staatsanwaltschaft oder Einstellung des Verfahrens durch das Gericht erfolgen.
Hat der Angeklagte seinen Einspruch auf die Höhe der Tagessätze beschränkt, kann das Gericht mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten in diesem Falle auch ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden (§ 411 Abs. 1 Satz 3 StPO).
Wird innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung kein Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, so gilt der Strafbefehl als rechtskräftiges Urteil und ist damit vollstreckbar. Verzichtet der Angeklagte noch vor Ablauf der Zwei-Wochen-Frist schriftlich auf Rechtsmittel (z.B. weil er eine Strafe wie etwa ein Fahrverbot möglichst früh antreten und damit früher beenden möchte), tritt bereits damit die Rechtskraft ein.
Der Angeklagte kann den Einspruch auch auf bestimmte Rechtsfolgen beschränken. Beispiel: Der Strafbefehl enthält eine Geldstrafe und die Entziehung der Fahrerlaubnis nebst einer Sperrfrist von zehn Monaten. Der Beschuldigte kann, wenn er mit der Dauer der Sperrfrist nicht einverstanden ist, seinen Einspruch auf diese Folge beschränken. In der Hauptverhandlung wird somit nur über den angefochtenen Teil der Rechtsfolgen, hier über die Dauer der Sperrfrist, verhandelt und entschieden.
Ist der Einspruch verspätet eingelegt worden, verwirft das Gericht ohne mündliche Verhandlung den Einspruch durch Beschluss als unzulässig (§ 411 Abs. 1 StPO). Gegen diesen Beschluss kann der Angeklagte sofortige Beschwerde einlegen.
4) Hauptverhandlung
In der mündlichen Hauptverhandlung ersetzt der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls die Anklageschrift und der Strafbefehl selbst den Eröffnungsbeschluss. Die Beweisaufnahme ist entsprechend den Vorschriften über das beschleunigte Verfahren vereinfacht (§ 411 Abs. 2 Satz 2, § 420 StPO).
Aweichend von normalen Strafverfahren, dem beschleunigten Verfahren oder dem Verfahren nach Anberaumung einer Hauptverhandlung gemäß § 408 Abs. 3 Satz 2 StPO braucht der Angeklagte in der Hauptverhandlung nach Einspruch gegen den Strafbefehl nicht selbst zu erscheinen. Der Angeklagte kann sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen (§ 411 Abs. 2 Satz 1 StPO). Das Gericht kann aber das persönliche Erscheinen des Angeklagten anordnen und notfalls erzwingen (§ 236 StPO).
Erscheint der Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung in der Hauptverhandlung nicht und ist er auch nicht ordnungsgemäß vertreten, wird der Einspruch durch Urteil ohne Verhandlung zur Sache verworfen (§ 412, § 329 StPO). Gegen dieses Urteil ist Berufung, Revision oder Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich.
Der Angeklagte kann den Einspruch jederzeit vor Verkündung eines Urteils zurücknehmen. Hat die Hauptverhandlung begonnen (durch den Aufruf der Sache durch das Gericht), muss die Staatsanwaltschaft der Rücknahme zustimmen, damit diese wirksam wird. Erfolgt keine Zustimmung, muss über den Einspruch verhandelt werden.
Das Gericht ist in der Hauptverhandlung nicht an Schuldspruch und Rechtsfolgen des Strafbefehls gebunden. Das Gericht kann – nach Erteilung eines Hinweises gemäß § 265 StPO – den Angeklagten wegen einer anderen, auch einer schwerwiegenderen Straftat als im Strafbefehl verurteilen (zum Beispiel wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 StGB statt wegen einfacher Körperverletzung gemäß § 223 StGB) oder eine höhere Strafe festsetzen als im Strafbefehl vorgesehen war. Daher birgt die Einlegung eines Einspruchs für den Angeklagten immer ein gewisses Risiko.
Der Erlass eines Strafbefehls ist auch nach Erhebung einer Anklage möglich. Diese Verfahrensweise (§ 408a StPO) ist zulässig, wenn der Beschuldigte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erscheint und die Voraussetzungen für den Erlass eines Strafbefehls (siehe oben) vorliegen.
5) Gerichtskosten
Nach Gerichtskostengesetz fallen für einen Strafbefehl ohne Hauptverhandlung Gerichtskosten in Höhe von 70 Euro (Geldstrafe bis 180 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten) oder 140 Euro (Geldstrafe über 180 Tagessätze oder Freiheitsstrafe über 6 Monate) an. Findet eine Hauptverhandlung statt und ergeht ein Sachurteil, das nicht auf Freispruch lautet, so wird die Gebühr verdoppelt und beträgt dann dementsprechend 140 Euro oder 280 Euro. Wenn der Strafbefehl durch Einspruch nicht rechtskräftig wurde und sich das Verfahren danach anderweitig erledigt, insbesondere durch Klagerücknahme oder Einstellung, werden die Kosten in der Regel nicht erhoben. Die Gerichtskosten haben nichts mit der Strafe an sich zu tun. Sie fallen sogar an, wenn von Strafe abgesehen wird oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt. Es handelt sich lediglich um eine Verwaltungsgebühr.
6) Sonderfall Jugendgerichtsgesetz (JGG)
Bei Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes im Jugendstrafrecht gelten folgende Besonderheiten: Gegen Jugendliche kann kein Strafbefehl verhängt werden, jedoch ist im so genannten vereinfachten Jugendverfahren ein Urteil ohne Anklage aufgrund eines kurzen schriftlichen oder mündlichen Antrags der Staatsanwaltschaft möglich. Gegen Heranwachsende (18 bis 20 Jahre) ist ein Strafbefehl, dessen Rechtsfolge eine Freiheitsstrafe ist, nicht zulässig (vgl. §§ 79, 80, 109 JGG). Gegen sie darf ein Strafbefehl nur dann erlassen werden, wenn das allgemeine Strafrecht anzuwenden ist (§ 109 Abs. 2, § 79 Abs. 1 JGG). Zuständig ist der Jugendrichter.